EU-Parlamentarier Karsten Lucke zu Besuch bei MUNSCH

„Das EU-Lieferkettengesetz ist ein Bürokratiemonster"​ - Stefan Munsch

Mit Jahresbeginn ist in Deutschland auch das sogenannte Lieferkettengesetz in Kraft getreten, ein europäisches Pendant steht in den Startlöchern. Beide Gesetze sollen dazu führen, dass Menschenrechte weltweit eingehalten und Kinderarbeit verhindert wird. Unternehmen werden dafür in die Pflicht genommen – und daran gibt es im Grundsatz auch nichts auszusetzen!

Aber was bedeutet das Lieferkettengesetz für einen kleinen deutschen Mittelständler wie Munsch in der Praxis? Diese Frage haben wir mit EU-Parlamentarier Karsten Lucke (SPD), zuständig für unseren Westerwald-Landkreis, während seines Besuchs der Munsch Chemie-Pumpen GmbH diskutiert.

Schnell wurde dabei klar: das Problem ist nicht der Grundgedanke des Lieferkettengesetzes, sondern seine Ausgestaltung. Denn es ist fehlgeleitet zu glauben, es betreffe nur größere Firmen. Unsere Mitarbeiter berichteten Herrn Lucke, dass Munsch-Kunden aus Großchemie und internationalem Anlagenbau die Anforderungen aus dem Lieferkettengesetzt schon heute an uns weitergeben. Dies geschieht mit Hilfe von Auditierungen und durch Fragenkataloge, die wir beantworten müssen, wollen wir diese wichtigen Kunden nicht verlieren. Somit sind wir, auch wenn nach Größe und Umsatz nicht unter das Gesetz fallend, massiv betroffen. Der Aufwand beträgt hierfür heute schon mehrere Mannmonate pro Jahr.

„Das Lieferkettengesetz ist ein Bürokratiemonster“, lautet unser Fazit.

Herr Lucke wiederum berichtete von seinem Besuch bei der Handwerkskammer Koblenz davon, dass sogar Handwerksbetriebe mit wenigen Mitarbeitern bei Ausschreibungen mit Fragenkatalogen zum Lieferkettengesetz konfrontiert werden könnten.

Rückzug aus Risikogebieten?

Aus unserer Sicht ist es außerdem absurd, wenn sich deutsche bzw. EU-Unternehmen gegenseitig bestätigen, dass sie keine Kinderarbeit zulassen, obwohl der Gesetzgeber dies über Arbeitsschutzgesetze, Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaften schon längst regelt.

Wir berichteten Herrn Lucke von unserem Engagement in Afrika mit sehr positiven Auswirkungen auf den Umweltschutz. Das EU-Lieferkettengesetz sieht nun jedoch vor, dass wir nicht nur für unsere Lieferanten einstehen müssten, sondern auch für unsere dortigen Kunden. Damit würde sich unsere Ausgangslage in vielen Ländern noch dramatischer verändern. Wir müssten definitiv aus Haftungsgründen einen Rückzug aus Afrika und anderen Schwellenländern erwägen.

Auch haben wir dargestellt, dass die Lieferketten im Maschinenbau deutlich komplexer sind, als die in dem Zusammenhang gerne verwendeten Beispiele aus Textil-, Kaffee- oder Teeindustrie. Bereits in der zweiten Stufe der Lieferkette sind oft mehrere Hundert Produzenten involviert. Diese umfänglich zu kontrollieren übersteigt die Fähigkeiten und die Marktmacht kleiner Mittelständler eindeutig.

Was können wir tun?

Ein guter Diskurs verlangt auch, dass man die Position der anderen Seite zu verstehen versucht. Auf Herrn Luckes Frage, was wir denn in der Rolle des Gesetzgebers tun würden, haben wir daher vorgeschlagen, das Lieferkettengesetz bei Geschäften zumindest innerhalb der EU auszusetzen, da über Arbeitsschutzgesetze, Betriebsverfassungsgesetze und das Grundgesetz schon alles in Bezug auf Menschrechte ausreichend geregelt ist. Wir als Unternehmen sind diesen Gesetzen absolut verpflichtet.

Außerhalb der EU schlagen wir vor, dass mit Black- und White-Lists gearbeitet wird. Wir wenden diese schon jahrelang erfolgreich bei der Exportkontrolle an. Das würde die Bürokratie immens vereinfachen. Diesen Vorschlag hat auch das IfW Kiel in einer Studie für die IMPULSStiftung des VDMA gemacht.

Zudem gehört die Haftungsklausel im Gesetzentwurf überarbeitet, indem ausschließlich die direkte Beeinflussbarkeit von Unternehmen Berücksichtigung findet.

Wir danken Herrn Lucke für den Besuch und den offenen Diskurs. Solche Gespräche auf Augenhöhe wünschen wir uns von der Politik häufiger. Wir wünschen Herrn Lucke viel Erfolg bei seiner Arbeit für unseren Landkreis im EU–Parlament.

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